Zuwanderung als Perspektive begreifen und nicht weiter als Bedrohung bekämpfen
Zum heute in der Mitteldeutschen Zeitung erschienenen Sommerinterview von Ministerpräsident Reiner Haseloff erklärt der Fraktionsvorsitzende Thomas Lippmann:
Zum heute in der Mitteldeutschen Zeitung erschienenen Sommerinterview von Ministerpräsident Reiner Haseloff erklärt der Fraktionsvorsitzende Thomas Lippmann:
„Die Äußerungen des Ministerpräsidenten zu aktuellen Erfordernissen in der Asyl- und Migrationsdebatte sind mehr als verstörend. Alle Grenzen schließen und schnellstmöglich alle zu uns geflüchteten Menschen wieder abschieben, ist ein Politikverständnis, das angesichts der Verhältnisse in den Fluchtländern und auf den Fluchtrouten zynisch ist und sich mit humanistischen und christlichen Grundwerten nicht vereinbaren lässt.
Wir verlieren als Gesellschaft unsere Menschlichkeit, wenn wir angesichts des tausendfachen Sterbens in Kriegen, Klimakatastrophen und auf der Flucht nur noch danach trachten, uns abzuschotten, um von dem Elend in der Welt, für das wir mit Verantwortung tragen, nicht weiter behelligt zu werden.
Reiner Haseloff schlägt damit in dieselbe Kerbe wie Bundesinnenminister Horst Seehofer. Dass er ihn im Interview verteidigt und meint, Horst Seehofer habe inhaltlich nur das gemacht, was die Mehrheit der Deutschen will, ist skandalös. Horst Seehofer hat sich zum Werkzeug der extremen Rechten gemacht. Er hat sich auf ihren Kurs begeben, ihre Forderungen zum Regierungshandeln erhoben, ihre Deutungsmuster übernommen und damit eine der größten Regierungskrisen in der Geschichte der Bundesrepublik provoziert. Die Mehrheit der Deutschen hätte den Rücktritt des Innenministers begrüßt und nicht, dass er für sein politisch rücksichtsloses und in der Sache menschenverachtendes Vorgehen gegen Geflüchtete von unserem Ministerpräsidenten gefeiert wird.
Reiner Haseloff sollte besser zeigen, dass er sich um die Integrationsbedingungen hier vor Ort in Sachsen-Anhalt kümmert. Dazu zählt vor allem die bisher höchst mangelhafte Unterstützung von Migranten in den Schulen und die mehr als schleppende Integration in den Arbeitsmarkt. Außerdem sollte er sich auf der Bundesebene nachdrücklich für die Beseitigung von Fluchtursachen und die zügige Erarbeitung eines modernen Einwanderungsgesetzes einsetzen. Angesichts der Bevölkerungsentwicklung in unserem Bundesland sollte er vorangehen, um endlich Zuwanderung wieder als Chance und Perspektive zu begreifen und nicht weiter als Bedrohung zu bekämpfen.“
Magdeburg, 30. Juli 2018