Nie wieder – und niemals wieder schweigen
Am 8. Mai 2025 jährt sich die Befreiung Europas vom Nationalsozialismus zum 80. Mal. Dazu erklären die Landesvorsitzenden Janina Böttger und Hendrik Lange der Partei Die Linke Sachsen-Anhalt:
Der 8. Mai 1945 war der Tag, an dem die Wehrmacht bedingungslos kapitulierte – und damit der beispiellose Terror der faschistischen Diktatur, die systematische Vernichtung von Millionen Menschen, der Weltkrieg, die Shoah, die Verfolgung von Jüdinnen und Juden, Sinti:zze und Rom:nja, von Menschen mit Behinderungen, politisch Andersdenkenden, Homosexuellen, von Zwangsarbeiter:innen und Kriegsgefangenen ihr formales Ende fanden.
Wir gedenken der Opfer dieses Menschheitsverbrechens. Und wir danken allen, die zur Befreiung beigetragen haben: den Soldat:innen der Alliierten, dem antifaschistischen Widerstand im In- und Ausland, den Partisan:innen, den Überlebenden der Lager, die nie aufgehört haben zu kämpfen – für ein anderes, ein besseres Europa.
Die Überlebenden von Buchenwald formulierten 1945 einen Schwur, der bis heute Verpflichtung ist: Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.
Die Erinnerung ist bedroht
Heute – 80 Jahre später – ist dieser Schwur aktueller denn je. Rechtsextreme Kräfte, allen voran die AfD, arbeiten an einer erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad. Ihre Funktionäre sprechen vom 8. Mai als dem „Tag der Niederlage“ – und machen keinen Hehl aus ihrer Verachtung für eine antifaschistische Erinnerungskultur. Das ist kein Tabubruch mehr, sondern Strategie.
Und diese Strategie zeigt Wirkung: In Teilen der Gesellschaft macht sich wieder Gleichgültigkeit, ja Ignoranz breit. Vielen ist die historische Bedeutung des 8. Mai nicht mehr bekannt. Geschichtsunterricht wird gekürzt oder marginalisiert. Gleichzeitig werden Stolpersteine geschändet, Gedenkstätten wie Buchenwald, Sachsenhausen oder Dachau mit Hassparolen und rechtsextremen Angriffen konfrontiert – nicht nur virtuell, sondern zunehmend auch physisch.
Diese Angriffe geschehen nicht im luftleeren Raum. Sie sind Teil eines gesellschaftlichen Klimas, das von Spaltung, Entsolidarisierung und rechter Mobilisierung geprägt ist. Wer heute Hetze gegen Migrant:innen, Antisemitismus oder Geschichtsrelativierung duldet, legt den Grundstein für eine Wiederkehr der Barbarei.
Gedenk- und Erinnerungsarbeit braucht Schutz und Unterstützung
Gleichzeitig gibt es Hoffnung. Unzählige Initiativen, Vereine, Bildungsprojekte und engagierte Einzelpersonen leisten seit Jahren aufopferungsvolle Erinnerungsarbeit. Sie organisieren Gedenkveranstaltungen, pflegen Mahnmale, kämpfen für die Sichtbarkeit bisher vergessener Opfergruppen und für eine lebendige, kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte.
Doch diese Arbeit ist bedroht: Kürzungsdebatten gefährden die Existenz vieler Gedenkstätten und Projekte, die ohnehin oft mit unsicheren Finanzierungen zu kämpfen haben. Wer behauptet, dass es in Deutschland eine stabile Erinnerungskultur gäbe, verschweigt diese Realität.
Wir sagen klar: Antifaschistische Erinnerungsarbeit ist keine Nebensache – sie ist demokratische Daseinsvorsorge.
Und sie verdient mehr als warme Worte: Sie braucht dauerhafte finanzielle und politische Unterstützung, besonders in Zeiten, in denen rechte Kräfte an Einfluss gewinnen.
Der 8. Mai ist nicht nur ein Gedenktag – er ist ein Tag des Widerstands
Gerade am 8. Mai erinnern wir daran: Faschismus war nie eine abstrakte Ideologie. Er war konkret. Er war mörderisch. Und er wurde möglich, weil zu viele weggesehen, mitgemacht oder profitiert haben. Erinnerung darf darum nie rein formal oder ritualisiert sein – kein „Versöhnungstheater“ (Max Czollek), das der Mehrheitsgesellschaft moralische Entlastung bietet, ohne sich der Verantwortung zu stellen.
Die Linke fordert deshalb:
- Den 8. Mai zum bundesweiten gesetzlichen Gedenk- und Feiertag zu erklären.
- Die dauerhafte Sicherung der Finanzierung von Gedenkstätten, Erinnerungsprojekten und historisch-politischer Bildung.
- Eine klare Kante gegen alle Versuche, Geschichte zu relativieren oder umzudeuten – ob von rechts außen oder aus der Mitte.
- Eine Erinnerungskultur, die nicht nur Opfer benennt, sondern auch Täterstrukturen, Kontinuitäten und die Rolle ökonomischer und staatlicher Eliten beleuchtet.
Nie wieder – und niemals wieder schweigen
Wir stehen an der Seite aller, die sich dem Faschismus entgegenstellen – auf der Straße, im Betrieb, in der Schule, im Parlament, im Netz.
Wir lassen uns nicht spalten – nicht nach Herkunft, Religion, Aufenthaltsstatus oder Kontostand.
Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der alle Menschen ohne Angst verschieden sein können.
Nie wieder Faschismus heißt heute: nie wieder Gleichgültigkeit. Nie wieder Wegschauen. Nie wieder Schweigen.